Der Australier Christian Bradley, der auch immer wieder beim Pure Pines & Beach Festival in Südfrankreich als Gastredner anzutreffen ist, ist einer der bekanntesten Shaper in Europa. Er führt uns durch die ungewöhnlich staub- und geruchsfreie Surfboard-Fabrik in Hossegor-Sorts, dem Zentrum des industriellen Surf-Meltingpots Europas. Kein Gestank nach Harz, kein Shape-Staub. Christian ist Chef-Shaper bei Euroglass, einer der größten Shapebuden Europas und Stephen „Belly“ Bells Lebenswerk. Eine brandneue Shape-Maschine bearbeitet gerade Millimeter genau einen jungfräulichen Blank, was Christian somit etwas Zeit gibt mit uns über ihn, über Pro-Attitüden und die Zukunft des Shapens zu plaudern…
Christian, wie hat deine Karriere als Shaper begonnen?
Ich kam vor vielen Jahren für ein paar Monate nach Europa und ein Freund fragte mich, ob ich ihm nicht bei Pukas aushelfen möchte. Er arbeitete dort und brauchte Hilfe. Ich habe nicht eine Sekunde gezögert und seine Pre-Shapes fertig gemacht. In Australien hatte ich zuvor für größere Firmen das Sanding übernommen, aber alles so nebenbei. Ich traf irgendwann Belly in Australien und er meinte, fang doch bei mir in Frankreich an. Auch da habe ich nicht gezögert, Australien den Rücken zugekehrt und sofort losgelegt. Mein Job war es, sich um die Channel Islands Boards zu gekümmert. Sechs, sieben Jahre produzierte ich für den Europäischen Markt die Lizenz-Boards. Ich lernte super viel, was ich heute auf meine Bretter implementieren kann.
Was machst du heute?
Heute baue ich unter anderem die Boards von dem italienischem Supertalent
Leo Fioravanti. Die Zusammenarbeit mit ihm ist super. Sein Feedback ist Goldwert. Nur so kann man irgendwann das „magische“ Board für den jeweiligen Surfer finden.
An was arbeitet ihr gerade an Leos Boards?
Wir arbeiten an seinen High-Performance-Boards, um sie für alle möglichen Bedingungen abzustimmen. Seine Range an Wellen, in denen er bei den Contests surfen muss, reichen von kleinen Beachbreaks bis riesig Pipeline oder Sunset. Von 5´9 ´´bis 7 Fuß Boards muss alles dabei sein und perfekt auf ihn abgestimmt sein. Meine größte Herausforderung bei ihm ist, dass ich die Bretter seinem Wachstum anpassen muss. Wir schickten ihm vor knapp einem Jahr bei seinem letzten Trip nach Australien 16 Boards zum testen mit. Ich muss fast sagen, Gott sei dank hat er sich dann vor Hawaii verletzt, denn die 16 Boards sind inzwischen alle für die Tonne und ich muss neue machen. Der Bursche ist in letzter Zeit extrem gewachsen und hat an Gewicht und Kraft zugelegt. Die Boards, die er in Australien dabei hatte, sind ihm heute alle ziemlich sicher zu klein.
Kann Leo dir denn das Feedback geben, was du brauchst, um das Magic Board für ihn zu bauen?
Ja, auf jeden Fall. Leo kann super rüber bringen, was ihm an einem Board fehlt, was sein Gefühl über ein Brett ist, etc. Er kann seine verschiedenen Models mit einander vergleichen und mir sagen, dass er den Teil von dem Model gerne auf das andere Board kopiert haben möchte, etc. Das hilft extrem.
Ich kann mir vorstellen, dass es einige Pros gibt, die sich nicht so gut ausdrücken können, was ihnen genau am Board stört.
Ja, auf jeden Fall. Jeremy (Flores) ist ein gutes Beispiel. Das geht dann irgendwann so weit, dass wir beide echt unglücklich mit der Situation werden. Irgendwann schiebt er die Schuld auf mich und ich auf ihn (lacht) . Es ist echt tough manchmal. Irgendwann ändert man einfach Kleinigkeiten, manchmal passt es dann besser, manchmal auch nicht…. Und wir reden hier über ein Board. Dann, wenn sie rüber nach Bells fahren, fängt das Ganze wieder von vorne an, da das Board, dass sie da surfen, ein komplett anderes ist als zuvor in Snapper. Manchmal ist der Job echt stressig (lacht).
Dann machst du allen für jeden Tour-Stopp ein komplett neues Quiver?
Ja, mehr oder weniger! Das macht es auch so teuer. Manchmal haben sie so ein super Board für sich gefunden, dass in verschiedenen Bedingungen funktioniert, aber dann brechen sie es und es geht wieder von vorne los. Bei Leo müssen wir auch erstmals wieder auf seine körperliche Situation mit seinem Rücken eingehen. Da werden die Boards Anfangs eher ein bisschen länger.
Bleibt bei einer so intensiven Zusammenarbeit wie mit Leo und anderen Pros und so vielen Boards noch Zeit für Bretter, die ich bei euch im Shop kaufen könnte?
Ja, schon. Und das macht mir ehrlich gesagt genauso viel Spaß, wie die Zusammenarbeit mit den Pros. Es ist eine andere Herausforderung jemanden, der kein Experte ist, trotzdem das passende Board zu produzieren, mit dem er möglichst viel Spaß haben.
Es gibt doch so viele verschiede Faktoren, wie kannst du herausfinden, was der Surfer wirklich braucht?
Normalerweise bekommt man Feedback wie „es ist zu schwer, es ist zu langsam, das sind schon mal Antworten, die ich relativ einfach beim nächsten Board gefixt bekomme. Aber ja, man muss schon fast ein Psychologe sein, um die Infos aus den Jungs zu bekommen, die ich brauche.
Eure Shape-Maschine hat da sicher immer gut zu tun. Wie viele Blanks könnt ihr am Tag durch die Maschine durchjagen?
Mhhh, so ca. 20 Stück. Im Jahr produzieren wir ca. 3000 – 4000 Boards von allen Shapern, die hier arbeiten.
Wie schnell kann man der Maschine ein neuen Shape beibringen? Kann ich einmal die Maße meines „Magic-Boards“ nehmen und sie in die Maschine tippen und los geht’s?
Naja, man muss schon genau wissen, wie man die Tools und Guide-Points nutzt. Wenn du eine Idee hast, dann könnten wir uns hinsetzen und es ginge relativ schnell ein neues Design zu entwickeln, aber wir müssten eines meiner Designs nehmen und das dann ändern. Ansonsten würde ziemlich sicher irgendwas schief gehen. Ich arbeite jetzt sechs, sieben Jahre mit solchen Maschinen und es geht immer noch ab und an was schief. Es ist keine Rocket-Sczience, aber es braucht Erfahrung. Inzwischen haben wir eine große Datenbank an verschienden Designs für die richtigen Maße für den passenden Blank. Wir haben die Maschine so eingestellt, dass kaum noch Müll übrig bleibt. Es ist alles voll kontrollierbar, Rocker, Outline, alles.
Aber du sitzt hier nicht mit dem gewöhnlichen Kunden, oder?
Nee, aber mit speziellen Kunden, wie Pros, schon.
Hattest du Probleme, als plötzlich die Ära der Shape-Maschinen aufkam?
Nee, gar nicht, ich habe nie viel Hand-Shaping gemacht, es gab damals schon, als ich angefangen habe, dir ersten Maschinen. Ich hatte nie die Zeit mich groß auf das Hand-Shaping einzulassen, da ich immer schon viele Boards herausgebracht habe.
Seit wann seid ihr in diesem Gebäude hier?
Seit vier Jahren. Wir lagern hier Rund 2000 Blanks. Vier Container voll Blanks erreichen uns pro Jahr im Schnitt aus Australien. Im Winter versuchen wir ein Lager an fertigen Boards zu produzieren, damit wir im Sommer immer genügend Boards auf Lager haben. Im Januar, Februar ist echt am wenigsten los und wir schließen den Laden für zwei Wochen in der Zeit. Jetzt haben wir die Jahreszeit, wo wir anfangen die Shops zu beliefern und die Leute anfangen ihre Boards zu ordern. Die Franzosen und aber auch viele Deutsche kommen vorbei, um ihre Boards zu ordern.
Wie viele Leute seid ihr hier?
Insgesamt sind wir 15 Leute, die sich um alles kümmern, plus Gastshaper.
Was macht dir am Job am meisten Spaß?
Der Design-Part und die Freiheit die ich damit habe. Machen zu können, was ich will. Zu sagen, hey, das sieht cool aus, lass es mal ausprobieren.
Was ist der Part, der am wenigsten Spaß macht?
Wahrscheinlich die Arbeitsbedingungen an sich. Wir haben eine super saubere Fabrik, am Ende steht man trotzdem im Staub. Und das man Indoor arbeiten muss. Ich bin gerne draußen an der frischen Luft.
Letzte Frage, wo siehst du die Zukunft im Shapen? Haben wir bald alle einen 3D-Drucker im Garten stehen und schießen die Boards hinten raus, die wir an diesem Tag brauchen?
Mh, schwierige Frage, aber ich hoffe echt, dass es ökofreundlicher wird. Es ist schon hart, wie viel da hinten rausgepumpt wird. Wenn wir an den Materialien nichts ändern können, dann hoffentlich an der Langlebigkeit der Boards. Aber wer weiß, was die Zukunft bringt. Und es gibt ja schon ökofreundlichere Materialien da draußen, aber die Leute wollen nicht dafür zahlen. Es ist super schwierig, da einen Schritt vorwärts zu kommen.
Du willst auch ein Board von Euroglass? Nichts leichter als das. In unserem
Surfcamp Moliets bekommst du die neusten Boards von Chef-Shaper Christian Bradley.